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Lieferkette des Grauens

Vom brasilianischen Regenwald bis ins deutsche Grundwasser

Der Vordergrund zeigt eine abgeholzte Regenwaldlichtung. Im Hintergrund steigen Rauchschwaden auf.

Tropische Tiere, riesige Regen­wälder und facettenreiche Fluss­läufe. All das verbindet man mit dem Amazonas-Regenwald in Brasilien. Doch die dortige Flora und Fauna ist großen Gefahren ausgesetzt. Umwelt­zerstörung bedroht den Arten­reichtum dieses einzigartigen Bio­tops. Vor allem der Soja­anbau im brasilianischen Cerrado – der größten Savanne der Welt – stellt ein massives Problem dar. Immer größere Teile dieses Gebiets werden zu Agrar­flächen umgewandelt, auf denen gigantische Mono­kulturen entstehen. Die geernteten Soja­bohnen werden dann als Futter­mittel nach Europa exportiert und verursachen auch dort heftige Umwelt­schäden. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, konnten wir Peer Cyriacks von Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) für ein Interview gewinnen.

In unserer 6-teiligen Videoreihe „Lieferkette des Grauens“, welche auf YouTube veröffentlicht wurde, schildert Peer seine Eindrücke, die er direkt vor Ort gewinnen konnte und spricht ausführlich über seine Arbeit bei der DUH. Dabei blickt er mit uns hinter die Kulissen der europäischen und deutschen Umwelt­politik und analysiert die Versäumnisse der Entscheidungs­träger. Außerdem fordert Peer eine nachhaltigere Land­wirtschaft und bietet Denk­anstöße, wie diese umsetzbar wäre.

Was ist die Lieferkette des Grauens?

Als Peer die Soja­lieferkette von Südamerika nach Europa beschreiben sollte, kam ihm der spontane Einfall diese als „Lieferkette des Grauens“ zu beschreiben. Ein ebenso einprägsamer wie treffender Name, der die erschreckenden Auswirkungen der Soja­importe auf die Natur aufzeigt. Er schildert, dass der brasilianische Soja­anbau nicht nur in Südamerika immense Schäden anrichtet, sondern auch uns in Europa betrifft. Trotz der komplexen und verzahnten Zusammen­hänge lässt sich die Lieferkette des Grauens in fünf wesentlichen Schritten zusammenfassen:

  1. Anbauflächen schaffen: Um die riesigen Mengen Soja anbauen zu können, müssen zunächst Acker­flächen geschaffen werden. Dabei werden skrupellose Methoden angewandt, die weder vor Mensch noch Natur Halt machen. Große Wald­flächen werden abgebrannt – eine Katastrophe für die Arten­vielfalt. Einwohner werden zum Teil unter Androhung von Gewalt von ihrem Land vertrieben.
 
  1. Sojamonokulturen: Nach der endgültigen Freilegung der Flächen werden bis zum Horizont reichende Soja­monokulturen angebaut. Dies erfordert jedoch einen hohen Aufwand, da der wiederholte Anbau der gleichen Pflanze dem Boden wichtige Nähr­stoffe entzieht. Deshalb werden chemische Dünger und Pestizide versprüht, was zu einer starken chemischen Belastung der Natur führt.
 
  1. Verschiffung nach Europa: Das in Brasilien geerntete Soja wird nicht vor Ort verwendet, sondern dient als Futter­mittel für die industrielle Landwirtschaft. In riesigen Schiffen wird es rund um den Globus verteilt, ein Groß­teil davon nach Europa. Diese langen Transport­wege belasten die Umwelt zusätzlich mit Schad­stoffen.
 
  1. Industrielle Tierzucht: Auch wenn die Reise der Soja­bohne auf dieser Etappe ihr Ende findet, ist die Liefer­kette noch nicht vorbei. In den Schweine­ställen wird das Soja verfüttert und dann im Laufe der natürlichen Kreis­läufe zu krebserregenden Nitrat umgewandelt. Aufgrund der Menge an Nutz­tieren sorgt dies für einen Nitrat­überschuss, welcher in das Grund­wasser sickert und die Böden belastet.
 
  1. Billigfleisch im Supermarktregal: Schließlich werden die Tiere geschlachtet und billig an die großen Supermarkt­ketten verkauft. Doch die Bauern profitieren kaum von den Verkäufen. Da die Supermarkt­ketten die Land­wirte durch ihren Einfluss in eine Abhängigkeit gedrängt haben, bleiben die Gewinne in den Händen der Inhaber.

Wer ist Peer Cyriacks?

Für unsere Interview­reihe haben wir mit Peer Cyriacks den idealen Gesprächs­partner gefunden. Er arbeitet seit 2018 bei Deutsche Umwelthilfe e.V. – einer der größten NGOs in Deutschland – und fungiert dort als Leiter für nachhaltige Land­nutzung und internationalen Natur­schutz. Gemeinsam mit seinem Team untersucht er die Auswirkungen des deutschen Konsums auf globaler Ebene.
Selfie von Peer Cyriacks mit einer Kamera
In diesem Zusammenhang war Peer 2023 in Brasilien und konnte die Ursprünge der „Liefer­kette des Grauens“ direkt vor Ort sehen. Diese Erfahrungen aus erster Hand sind von unschätzbarer Bedeutung, um die komplexen wirtschaftlichen und ökologischen Systeme zu verstehen. Laut eigener Aussage muss zwingend ein Umdenken hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften stattfinden. Außerdem setzt sich die DUH besonders für den Klima- und Umwelt­schutz ein und greift dafür auch zu juristischen Mitteln. Mittlerweile kann sich die NGO wichtige Erfolge auf die Fahne schreiben. Bereits mehrere Klagen gegen die Bundes­regierung waren erfolgreich: Zuletzt als die DUH vom Oberverwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg recht bekam, dass die Maßnahmen der Bundes­regierung zur Einhaltung des Klimaschutz­gesetzes nicht ausreichend waren.

Wo kann man die Interviewreihe sehen?

Alle sechs Videos unserer Interviewreihe sind auf unserem YouTube-Kanal Bees & Trees (https://www.youtube.com/@beestrees2537) veröffentlicht. Dort findet ihr neben den einzelnen Folgen auch eine Playlist in welcher ihr die gesamte Serie chronologisch sehen könnt. Abonniert gerne unseren Kanal, um immer auf dem Laufenden zu bleiben und keins unserer zukünftigen Videoprojekte zu verpassen.

Folge 1: Kurz erklärt

In Folge 1 erklärt Peer Cyriacks die Lieferkette des Grauens. Er zeigt, wie brasilianisches Soja bei europäischen Bauern landet, um die Massen­tierhaltung am Laufen zu halten und welche Umwelt­probleme daraus sowohl in Süd­amerika als auch in Europa entstehen.
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Folge 2: Gewinner & Verlierer

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Nachdem Peer Cyriacks in der letzten Folge die Ursprünge der „Lieferkette des Grauens“ erklärt hat, erläutert er diese Woche, wer von ihr profitiert und wer die Leid­tragenden sind. Außerdem zeigt er, wieso wir als Verbraucher doppelt für Umwelt­schäden zahlen.

Folge 3: Biodiversität vs. Monokulturen

In diesem Video blickt Peer Cyriacks auf die arten­reiche Natur in Brasilien. Vor allem der Cerrado – die größte Savanne der Welt – ist durch den Soja­anbau gefährdet. Besonders die riesigen Mono­kulturen stellen eine Gefahr für die Bio­diversität dar. Er zieht zudem einen Vergleich zur deutschen Landwirtschaft.
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Folge 4: Politische Verfehlungen

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Diese Folge erläutert Peer Cyriacks die politischen Gegebenheiten, die die „Lieferkette des Grauens“ begünstigen. Er blickt dabei sowohl auf europäische Entscheidungen in Brüssel als auch auf Versäumnisse in der deutschen Politik. Zudem werfen wir einen Blick auf die Forderungen von Umwelt­verbänden.

Folge 5: Arbeit & Erfolge der DUH

Peer Cyriacks stellt seine Arbeit bei der Deutschen Umwelthilfe vor und zeigt welche Bereiche zu seinen Aufgaben­feldern zählen. Außerdem stellt er die Mittel vor, mit denen die DUH gegen die unzureichende Umwelt­politik der Bundes­länder und der Bundes­regierung vorgeht. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Klima­klagen.
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Folge 6: Klimaklagen & Veränderungen

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Abschließend geht Peer Cyriacks nochmal auf Klima­klagen ein und spricht über seine Erwartungen nach den erfolg­reichen Klagen gegen die Bundes­regierung. Zudem erläutert er, wie wir als Bürgerinnen und Bürger mithelfen können, umwelt­politische Vorgänge zu gestalten und welche Veränderungen er sich langfristig wünscht.

Forderungen & Ausblick

Um diese schwerwiegenden Probleme aus der Welt zu schaffen, braucht es Durchhalte­vermögen. Gerade Klima­prozesse ziehen sich meist über längere Zeit­räume. Sollte die Gegen­partei in Berufung gehen, können aus Monaten schnell mal Jahre werden. Unabdingbar ist diese Arbeit aus Peers Sicht trotzdem. Er fordert zudem ein stärkeres Bewusst­sein für Ernährung, die Umwelt und wie diese miteinander zusammenhängen. Als Lösung schlägt er Bildung vor, die bereits im Kindes­alter vermittelt werden sollte. Um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur zu lernen, sollten Kinder von klein auf Ernährungs- und Umweltbildung erfahren. Außerdem besteht er darauf, dass Subventionen sinnvoll eingesetzt werden. Momentan werde ein Groß­teil des Geldes dafür verbrannt, dass eben keine ökologisch nachhaltige Land­wirtschaft entstehen könne. Zusätzlich finanzieren Steuer­zahler, die Ausgleichs­zahlungen, die durch Natur- und Umweltschäden entstehen. Bürger zahlen also doppelt. Deshalb seine klare Forderung: „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“, das heißt, finanzielle Unterstützung soll es nur für Leistungen geben, die der Allgemeinheit am Ende auch wieder zu Gute kommen.

Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei der DUH und bei Peer Cyriacks für die Zusammen­arbeit bedanken. Mit seiner Expertise und den Vorort-Erfahrungen konnte Peer uns spannende Einblick in Abläufe gewähren, die vielen Menschen verwehrt bleiben. Aus genau diesem Grund war es uns wichtig diese Informationen zu teilen und auf die zugrunde­liegenden Miss­stände aufmerksam zu machen. Wir freuen uns auf weitere Zusammen­arbeiten in der Zukunft und haben schon das ein oder andere Thema in der Hinter­hand. Also seid gespannt, was auf euch erwartet …

Sojabohnen, die aus einem Sack gekippt wurden und auf einem Holzlöffel liegen.

Eigentlich ist Soja eine vielseitige und nützliche Pflanze, doch der Anbau in Brasilien sorgt für massive Umweltprobleme.

Bilder:

Freepik

Peer Cyriacks

Quellen:

Peer Cyriacks

 

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